DIE KUNST DES VERBINDENS
Johannes Angerbauer-Goldhoff
Ein Künstler, der zur Intervention aufruft, Verbindungslinien aufzeigt und demonstriert, wie der Mensch in natürliche Prozesse einwirkt und mitunter doch machtlos scheint. Der Mensch hat sich über das Gold erhoben, Angerbauer-Goldhoff setzt Akzente. Er lässt Gold „mit Füßen treten“, um es zu säubern und von der schuldhaften Konnotation zu befreien: „GO on Gold“ wird Wirklichkeit.
Da regt sich was am Boden der Galerie „DIE FORUM“: Besucher*Innen verewigen sich in ein Werk, hinterlassen Botschaften in Form von Ritzungen und (Fuß)Abdrücken. Was wie ein Akt des Vandalismus anmutet, erweist sich als Teil von Angerbauer-Goldhoffs Kunstaktion „3,2,1 GO on Gold“ in der bis zum 1. April laufenden Gruppenausstellung „Wechselspiel“. Der im Jahr 1958 geborene und im Schmuckatelier seiner Eltern großgewordene Steyrer, kam früh mit dem Gold in Berührung, entdeckte aber erst allmählich die dahinter verborgene Bedeutungsvielfalt: „Das Leid, das den Menschen an der Ressource des Goldes in der brasilianischen Goldmine Serra Pelada wiederfährt, galt als Anlass, mich mit dem Goldbegriff näher zu beschäftigen und ihn zu erweitern.“ Heute kennen die „Wechselspiele“ in Angerbauers Werken und Wirken kaum Grenzen, wie in seinem Beitrag in der Welser Galerie ersichtlich. Eine Bodengold-Installation korreliert mit einem dreimalig ausgewechselten Wandrelief, Orte, Menschen und Zeiten sind sich nah und doch so fern. Verdeckte Bildinhalte erzählen brisantes, spiegeln den Menschen im Gold und decken Gefahren auf. Der prozessorientierte Konzeptkünstler kreiert seine Kunst weniger für, sondern mit dem Publikum, Tabubrüche und Überschreitungen miteingeschlossen: „Die Werke sollen einen kritischen Diskurs einleiten“, so der Künstler. Er lädt dazu ein, Spuren in seinem Bodengold-Relief zu hinterlassen, weil die fluide Transformation seines Werkes vor nichts und niemandem Halt macht. Gold wird in Angerbauers Kunst zum Assoziationsgenerator und Spiegelbild mit Einblick in soziale Problemfelder. Da der Begriff des Goldes mit Macht verbunden ist, liegt es an den Menschen, die verletzliche Oberfläche abzuschaben und das Gold der Erde zurückzugeben. Ab der Mitte der 1980er Jahre wurde die Arbeit am erweiterten Goldbegriff zu seiner Lebensaufgabe, an der er gemeinsam und mit den Rezipient*Innen „feilt“. Es bedarf ihr Zutun, um an der Hülle zu kratzen und dann im Zusammenwirken miteinander soziale Wirklichkeiten offen zu legen und zu hinterfragen.
Von den Räumen der Galerien ufert Angerbauer in die Natur aus, um in Land Art-Interventionen das Verhältnis von Umwelt und Mensch auszuhandeln, wie in seinen sieben miteinander verbundenen Goldsitzsteinen, die wechselseitige Verhältnisse anregen, die umliegende Landschaft miteingeschlossen, in die sich Mensch wie auch Gold einfügen und in die sie letztlich zurückkehren. Im Sommer wird das Projekt durch einen achten Stein erweitert. Vorbeischreitend nimmt man Platz und fügt sich in das Gesamtkonzept ein. Menschliche Interventionen setzen Prozesse in Gang und finalisieren sie, seien die Schritte noch so klein: „Mit jeder feinsten Spur kehrt das Gold zur Erde zurück. Ein Kreis schließt sich.“
von Florian Gucher
Erschienen im OÖ Kulturbericht 03.2022 / Seite 19