..."Auf dem Weg durch die Ausstellung wird hier zunächst an drei Stellen der Weg durch Blattgold auf dem Boden versperrt. Die Schwellen bleiben unterschiedlich lange, die erste wird nur am Eröffnungstag zu betreten sein, die nächste einige Tage, die dritte während der ganzen Ausstellungsdauer. Die drei auf Sicherheitsglas beschichteten Gold-Tafeln werden im Anschluss daran von Johannes Angerbauer zu einem Triptychon zusammengestellt. Es wird den Prozess dokumentieren, wie die Besucher das Gold mit Füßen treten"....
"Wenn Johannes Angerbauer goldene Schwellen vor die Eingänge der Aidshilfen legt, erheben sich so viele Fragen, dass ich die in diesem Zusammenhang auftauchenden Gedanken kaum zu bewältigen weiss. Dass einer, um Hilfe zu bekommen, eine goldene Schwelle überschreiten muss, scheint mir so grotesk widersprüchlich, dass ich am liebsten sofort wieder zu denken aufhören möchte. Dennoch, nicht alles, was sich nicht sogleich öffnet, muss für immer geschlossen sein. Der Zwang sei angenommen, das Denken möge beginnen"...
..."In der wertvollen Form seiner Rückkehr zur Erde gewinnt das Gold mit der ursprünglichen Unsichtbarkeit und Verborgenheit seinen wahren Wert wieder. Als Opfer an die Erde wird es gereinigt und reinigt Bewusstsein und Seele des handelnden und miterlebenden Menschen. Goldhoffs Aktionen und Objekte wandeln Gold um zum durchschaubaren Medium der Wert und Unwert begründenden Prozesse. Geld-Gold als Gift der Erde, minimal dosiert in sie versenkt, wird zum homöopathischen Heilmittel: Gelb-Gold als Zeichen und Ziel alchemistischer Transformation von Unwert in Wert."
"Diese Rauminstallation präsentiert einen inneren Dialog des Sohnes mit dem Vater der aus dem reinen Herzen kommt. Befreit von jeglichem Ballast, so wie das Human Gold - der erweiterte Goldbegriff von Johannes Angerbauer Goldhoff - auch in seinem Sinne zu verstehen ist. (...) Der Galerieraum wird zu einem Schmelztiegel von Zeit / Gold / Mensch und Kunst. Alles sehr komplex und dicht, wie der Goldbegriff, den Johannes Angerbauer befreien und erweitern möchte. (...) Zur Komplexität kommt die Ambivalenz, alles in Gold."
Hier am gemeinsamen Anger der beiden Metallplastiker, Bildhauer und Konzeptkünstler Johannes „Anger“bauer Goldhoff und Andreas Schoen"anger"er finden wir uns ein, um deren beider Kunstprojekt zum Jahresthema der Kunstschaffenden zu entdecken. Denn mit allen Sinnesorganen ist diese „prozessorientierte Rauminstallation“ zu erfahren.
..."Angerbauer-Goldhoff’s intervention made fitting allusions to the enrichment that resulted from the expropriation and murder of European Jews, including the gold teeth robbed by the Nazis from concentration camp victims. However, the topic of Nazi gold only began to receive international attention during the 1990s"...
..."Angerbauer spürt dem Mythos Gold nach und deckt die vielschichtigen Beziehungen des Menschen mit dem in der Geschichte als göttlich und teuflisch genannten Edelmetall auf. Niemals zuvor wurde im Verlauf der Kunstgeschichte der Aspekt des menschlichen Leids im Gold gesehen. Er möchte den Menschen diese Idee nahebringen, bei ihnen durch künstlerische Handlungen einen Denkprozeß initiieren und Nachdenklichkeit auslösen. Der Weg dieser Menschen manifestiert sich in Angerbauers Objekten"...
"Erinnern ist dem Menschen zumutbar, könnte man in Abwandlung eines bekannten Satzes von Ingeborg Bachmann einen wesentlichen Teil der Arbeit von Johannes Angerbauer umschreiben. Angerbauer konfrontiert mit seiner Kunst, bringt Menschen von heute mit den Schicksalsschlägen von damals in Verbindung. Er will Menschen in einen Prozess der Auseinandersetzung verwickeln, nicht Kunst für sie, sondern mit ihnen machen, sie an seinem Prozess beteiligen. Kein Mensch ist nur Zuschauer, sondern mitbeteiligt an der prozesshaften Entstehung seiner Kunstwerke"...
..."Der Besucher betritt die Rauminstallation über eine Bodengold-Schwelle, schafft damit das aktuellste Zeit-Gold Relikt und wird so mit seinem Fußabdruck, seinem persönlichen Auftreten, der individuellen Spur und in Gemeinsamkeit mit anderen Menschen Teil dieser Inszenierung. Schon Anfang des Jahres hat der Künstler seinen Mittelpunkt hier in die Galerie Forum verlegt, zurückgezogen nachgedacht, unter Ausschluss der Öffentlichkeit ausgewählte Arbeiten seines bisherigen Lebenswerks nacherlebt und als Ausstellung angeordnet. Relikt um Relikt wird seine Lebensaufgabe spürbar."...
"Schwester, wenn Du über Gold gehst, denke, was Dir versprochen wurde vom Leben und was Du bekommen hast, was bewundert wurde und was verachtet, von Dir wie von anderen vor und neben und nach Dir, was unnötig war und was nützlich, was schwer und was leicht, und denke bei jedem Treten, was Du trittst und was dadurch zutagetritt, Du machst es mit Deiner Kraft und nur Du entscheidest, wie Du sie einsetzt"...
..."Eigentlich ist es ja immer merkwürdig, viel gesprochenen Text zu einer viel imposanter sprechenden Kunst zu präsentieren. Ich bitte deshalb vor allem die Künstler selbst um Nachsicht, wenn ich das trotzdem bewusst tue. Denn Kunst hat ja auch den Sinn, unserem Leben einen ganz besonderen Spiegel vorzuhalten. Keinen Zerrspiegel, sondern eine Art Tiefenspiegel in unsere eigene Seele"...
Literarische Werke von Till Mairhofer zur Arbeit und Leben von Johannes Angerbauer:
"Karabiner 98"
"Abgekratzt - Johannes oder das Märchen vom Gold"
"Anno Festnetz"
..."Genau um diese "Offenheit des Seins" geht es auch Johannes Angerbauer, in dessen Schaffen ein zentraler Begriff steht: GOLD.
Ein Werkstoff der den Steyrer Künstler seit langem fasziniert. Nicht weil es das edelste aller Metalle ist und nicht weil sich mit Gold gute Geschäfte machen lassen und auch nicht, weil Gold seit alters her den höchsten Würdenträgern vorbehalten war, sondern einzig und allein deshalb, weil sich der Mensch seiner Wahrheit widersetzt"...
Neuer Ort für Beichte und Taufe in Pfarrkirche Sierning - Ein „Tauftropfen“ für Täuflinge
Schon die Urgroßeltern wurden hier getauft: Ca. 730 Jahre alt ist der steinerne Zeuge der lebendigen Tradition in der Sierninger Pfarrkirche. Glaube wird hier von Generation zu Generation weitergegeben.
..."So wie der Mensch durch sein Begehen der Schwellen die dünne Goldschicht verletzt, dadurch die eigentliche Handlung initiiert, das Bildfeld gestaltet und unbewusst zu den eigentlichen Bildinhalten vordringt, deckt Johannes Angerbauer mit seinem Prozess "Kunst" das persönliche und kollektive Bewusstsein des Menschen auf, hinterlassen seine kritische Reflexionen im Beobachter selbst Spuren"...
..."Wann und wo immer Angerbauer seine "Goldanschläge" verübt, seine "Transformatoren" setzt, seine "Minenfelder" und "Schwellen" (wie im Jodschwefelbad Bad Goisern) auslegt, immer ist es ein Hinweis auf den meist vergessenen Aspekt im Golddenken. Der Mythos des Edlen verschwindet, wenn wir Gold mit unseren Füßen betreten. Wie auch das Blattgold sich ablöst von den Minen und Schwellen und sich verteilt, zurückkehrt zur Erde. Ein Vorgang, der sich lohnt, denn zurück bleibt ein Wahres"...
..."Dies ist vielleicht der Weg der Kunst, die in ihrem Schaffen zu sich selbst befreit, jenseits von Autorität und Konsum, die "Werke" schafft, in denen der Prozess dieser Selbstbefreiung, dieses reflexiven Innehaltens sichtbar wird. "Sie manifestiert (symbolisiert) sich im Prozess des Begehens, in der feinsten Spur, im unsichtbaren Goldmolekül, das durch die Schuhsohle des Besuchers das Gebäude verlässt, zur Erde zurückkehrt und damit den Kreis schliesst", wie Johannes Angerbauer sagt. Der Prozess formt ein kollektives Werk und gibt in Anerkennung seiner Endlichkeit gleichsam als Opfer das Gold wieder der Erde zurück"...
DIE KUNST DES VERBINDENS
(Erschienen im OÖ Kulturbericht 03.2022)
Ein Künstler der zur Intervention aufruft, Verbindungslinien aufzeigt und demonstriert, wie der Mensch in natürliche Prozesse einwirkt und mitunter doch machtlos erscheint. Der Mensch hat sich über das Gold erhoben, Angerbauer-Goldhoff setzt Akzente. Er lässt Gold "mit Füßen treten", um es zu säubern...
..."Die Bilder, die mit Blattgold bedeckt sind, werden von den Sportlern beschritten – dabei wird die Goldschicht teilweise abgerieben, was verdeckt war, wird frei und für den Betrachter zu einer Art Spiegel. Das abgeriebene Gold kommt bei diesem Prozess wieder zur Erde zurück. Gold wird dabei nicht auf Kosten von Verlierern errungen werden, sondern wird somit für alle Menschen der Erde wieder zurückgegeben. Durch diesen Akt wird jede/r Teilnehmer/in an den olympischen Spielen zum wahren Sieger ohne dass es Verlierer gibt. Der olympische Gedanke des Näherkommens unterschiedlichster Völker und Rassen wird dabei wahrhaftig verwirklicht"...
Die Pfarrkirche Sierning ist dem Heiligen Stephanus geweiht und in ihrer baulichen Anlage eine gotische dreischiffige Staffelkirche.
2021 wurde der westliche Bereich des südlichen Seitenschiffes nach einem Konzept des Designstudios Lucy.D (Barbara Ambrosz/Karin Santorso) zu einem Gedenkort für Verstorbene aus der Pfarre und stillgeborene Kinder umgestaltet. Der Taufstein, der die Jahreszahl 1288 trägt, wurde ins nördliche Seitenschiff verlegt. Rund zehn Jahre später, im Jahr 2021, erhielt Lucy.D zusammen mit dem Steyrer Künstler Johannes Angerbauer-Goldhoff den Auftrag, diesen Bereich als Taufkapelle und Beichtort neu zu gestalten.
"... Die hier eingerichtete Rathausgalerie hat Johannes an einem Ort installiert wo Entscheidungen getroffen werden die alle Bürger und Bürgerinnen dieser Stadt betreffen, wo unterschiedlichste Meinungen, Interessen und Ansichten aufeinander treffen und hier sollte – nein hier darf Kunst nicht fehlen und mit ihren Dialogen nicht hintanhalten! Dass es diesen Dialog in Form der Ausstellungen hier gibt sei Johannes Angerbauer sehr zu danken!"
..."Johannes Angerbauer-Goldhoff ist aufgewachsen mit Gold und lässt sich vom Spannungsverhältnis zwischen dessen materiellen und immateriellen Bedeutung inspirieren. Gold, dessen Gewinnung nur durch Ausbeutung und Zerstörung von Mensch und Natur möglich ist, das meist mit Raub und Krieg verbunden ist und somit Schuld in sich trägt, bedeutet Verantwortung. Angerbauer-Goldhoff lässt das materielle Gold mit „Füßen treten“ um es zu reinigen und der Erde zurück zu geben"...
..."Wenn Johannes Angerbauer seine individuell konzipierten und stets auf das Thema Gold bezogenen "Handlungen" gestaltet und diese teilweise in ein Kunstumfeld integriert bzw. diese von einem Kunstumfeld integriert werden, so steht seine spezifische künstlerische Haltung für einen sozialen Prozess "Kunst", der sich spätestens seit den von Josef Beuys in dem Diktum "jeder Mensch ist ein Künstler" schlagwortartig zusammengefassten Kunstkonzeptionen der 60er Jahre logisch fortführt. So wie Johannes Angerbauer sich und sein Kunstwollen als absolut soziale Kategorie definiert, so definiert sich auch ein heute aktuelles Kunstschaffen primär über gesellschaftliche Handlungen"...
Die Kunst – und im speziellen die bildende Kunst – entwickelt sich vorallem im Vergleich, in der Möglichkeit Gestaltungsphänomene direkt zu konfrontieren und so gleiche Orientierung wie auch individuelle Ausprägungen präzise zu erfahren. So wichtig auch das ausschließlich auf das Einzelwerk ausgerichtete Kunsterleben ist, so markant zeigen sich die jeweiligen Tiefendimensionen einer Werkkonzeption erst im - möglichst direkten - Bezug zu anderen Werken. (Zur Ausstellung von 7 oberösterreichischen Künstlern in der New Yorker Galerie ART54 von 22.10. bis 3.11.1996)